» Es gibt sehr viele unterschiedliche Arten, auf denen Menschen versuchen, ihren geistigen Weg zu gehen. Und so gibt es auch viele unterschiedliche Lehren und Lehrer im alten Sinne des Wortes... Wenigstens bringt ein guter Unterricht immerhin noch eine Art Gelehrsamkeit hervor; allerdings keine Weisheit. Dafür braucht es eine interesselose, liebende Zuwendung. 'Interesselos' heitßt, daß kein egoistisches Eigeninteresse des Lehrenden damit verbunden ist. Und diese Zuwendung muß dann auf ein Echo stoßen... sonst verklingt sie. Dieses Echo stammt ebenfalls aus der Liebe... aus der liebenden Hingabe an diese Fragen und ihren Quellort. Das gilt für den Lehrer und den Schüler, wenn man so will. Ich mag diese Ausdrücke aber nicht. Ich benutze sie hier nur aus Konvention. 

Wer einen geistigen Weg einschlägt, geht einen Erkenntnisweg. Was ist Erkenntnis? Wahre Erkenntnis ist nichts Theoretisches, sondern Wissen in verantwortlichem Tun... Wirkliches Erfassen, also Erkenntnis, ist immer gleichzeitig auch ein leidenschaftliches, ganzes Tun, ein Sich-Hingeben und Gepacktwerden des ganzen Menschen. Darum ist für viele uns vorangegangene Menschen des geistigen Weges auch eine gewisse Askese damit verbunden, die in geistiger Arbeit, innerer Ausrichtung und Händewerk besteht. Darauf konzentrieren wir uns, wenn wir den geistigen Weg gehen. Der geistige Weg ist kein Hobby -auch wenn ihn viele so betreiben.

Auf unserem geistigen Weg suchen wir nach richtigem Wissen, wozu wir unseren Verstand und unsere Vernunft eine geraume Zeitlang brauchen. Die Arbeit unseres Verstandes kommt einem Gespräch gleich. Man könnte sagen, daß wir ein Gutteil unseres Weges im Gespräch und im Schweigen sind. Das Schweigen gehört dazu.

Für solch einen Menschen ist das Suchen und Finden der Wahrheit ein existentielles Grundverhalten, eine Stellungnahme und Stellungsaufgabe, ein Sich-Verändern und fortgesetztes Angleichen an die Wahrheit in dem Prozess und der Dynamik des Lebendigen.

Das Wesentliche dabei liegt im sehnsüchtigen, leidenschaftlichen Streben nach diesem eigenen Weg der Wahrheit. Diese Wahrheit wiederum hat Teil am Großen, Überindividuellen des Lebendigen. Dieses Wesentliche erreicht man womöglich, wenn sich der Weg also erfüllt, aber nicht mit dem Verstand und der Vernunft, sondern indem man diesem Kern des Lebens immer ähnlicher wird. Und die Antwort des eigenen Lebens auf den Anruf des lebendigen großen Ganzen gleicht diesem immer mehr, verwandelt sich immer mehr in diesen Anruf selbst.

Diese Suche spricht, sie ruft ihrerseits hinaus ins Offene, wo es nach einer Resonanz horcht, vielleicht nach einem Du und nach der Erfahrung der Nähe und Zuwendung dieses Du... Wo sich die ganze Leidenschaft der Suche eines Menschen auf dieses wesentliche Geschehen ausrichtet, da werden das Schweigen, das Wort und die Beobachtung sehr wichtig... 

Das alles, was ich eben beschrieben habe, ist Meditation. Denn der Kern wahrer Meditation ist nichts anderes, als das Eintreten des völlig Neuen, Unerwarteten -ohne Absichten, Ziele oder Bewertungen damit zu verbinden. Und dieses Neue kann sich nur in großer Stille und einem Zustand höchster Energie, also Wachheit ereignen. «